Tierliebhaber, die ihren Hund barfen, entscheiden sich ganz bewusst für eine artgerechte Ernährung nach dem Vorbild der Natur. Haushunde sind als Abkömmlinge der Wölfe keine Vegetarier, denn sie brauchen ordentlich Fleisch, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Schließlich hetzt der Wolf allem hinterher, was sich bewegt, um es mit seinen scharfen Zähnen zu zerlegen und in Stücke zu reißen. Bei dem Gedanken an Obst im Futternapf dreht sich deshalb so manchem naturbewussten Hundehalter der Magen um. Es scheint wie ein Widerspruch. Doch was ist dran am Klischee vom blutlechzenden Wolf? Und wie weit hat sich der Haushund von seinem wilden Vorfahren entfernt?
Wölfe lieben Heidelbeeren
Dass sich Wölfe ausschließlich von rohem Fleisch ernähren, ist nicht ganz wahr. Zwar verzehrt ein solcher Wildhund etwa zwei Kilo Frischfleisch am Tag, aber dennoch lebt der Wolf auch ein klein bisschen omnivorisch. Wölfe sind zwar keine solchen Feinschmecker wie Füchse mit ihrer legendären Vorliebe für süße Trauben, wie schon eine Fabel aus dem antiken Griechenland berichtet, aber hin und wieder kann der Wolf einer süßen Leckerei nicht widerstehen. Vor allem im Sommer ist der Tisch reich gedeckt. Viele Wölfe lassen sich dann vom Duft der reifen Blaubeeren locken. In Nordamerika und in bestimmten Regionen Europas und Asiens stehen auch Cranberrys auf dem Speiseplan.
Als Nahrungsopportunist nimmt der Wolf das, was gerade am leichtesten verfügbar ist. Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, ernähren sich zum Beispiel Wölfe in Sachsen hauptsächlich von Rehen. Ein sehr geringer Teil ihrer Nahrung besteht etwa gleichermaßen aus Kleinsäugern, Wildvögeln, Fischen und Früchten. Das Lieblingsobst der sächsischen Wölfe ist den Kotproben zufolge der Apfel.
Ein bisschen Obst ist gesund
Dass sich ein Hund überwiegend von Fleisch ernähren sollte und Obst beim Barfen nicht den Hauptbestandteil ausmacht, ist klar. Früchte wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Heidelbeeren, Papayas und Ananas ergänzen lediglich den auf tierischen Produkten basierenden Speiseplan und sorgen für ein Plus an gesundheitsfördernden Substanzen. Zwar zählen Früchte allgemein zu den Vitaminbomben, bei fachmännisch gebarften Hunden sind Mangelerscheinungen jedoch selten. Innereien wie Leber, Herz und Nieren enthalten oft ein Vielfaches an Mineralstoffen und Vitaminen, sodass Obst diesbezüglich eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Vitamine im Obst sind beim Barfen zweitrangig
Der Hund benötigt das Obst nicht zwecks Vitaminversorgung. Ganz im Gegenteil, denn ein Beutegreifer, der sich artgerecht ernährt, ist in der Regel bestens mit allem versorgt, was er braucht. Eine Hypervitaminose ist durch den Verzehr von Früchten nicht zu erwarten. Ganz anders ist das zum Beispiel bei der Leber. Das Organ ist derart reich an Vitamin A, dass schwangere Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel besser darauf verzichten. Das nur mal als Beispiel, um zu zeigen, welche Vitaminbomben im Barffutter stecken. Auch auf das Vitamin C ist der Hund nicht angewiesen, denn dieses kann er, im Gegensatz zum Menschen, selbst synthetisieren. Doch was macht nun das Obst so wertvoll für das Barfen?
Mehr als Vitamine: sekundäre Pflanzenstoffe, Pektin & Co.
Besonders wertvolle Bestandteile des Obstes sind die sekundären Pflanzenstoffe. So wirken zum Beispiel Flavonoide und Phenolsäuren antimikrobiell und krebshemmend. Eine krebshemmende Wirkung besitzen auch die in Beeren und anderen Obstsorten enthaltenen Monoterpene. Einen guten Schutz vor freien Radikalen bieten Antioxidantien. Diese schützen die Zellen vor einer frühzeitigen Alterung.
Barfen mit Obst: mehr Schwung für die Verdauung
Früchte regulieren die Verdauung, indem sie den Körper des Hundes mit Rohfaser versorgen. Die unverdaulichen Faserstoffe aktivieren die Darmflora und halten sie gesund. Eine darmregulierende Wirkung besitzt vor allem der Apfel, der sowohl gegen Durchfall als auch bei Verstopfung hilft. Darüber hinaus enthalten Äpfel, aber auch Hagebutten, Birnen und Heidelbeeren Pektin. Dieser lösliche Ballaststoff fördert die Ausscheidung von Giftstoffen.
Schmeckt der Hund das Obst?
Wenn Sie Ihrem Hund Obst zum Barfen geben, dann bescheren Sie ihm ein geschmackliches Highlight. Im Gegensatz zur Katze können Hunde genau die gleichen Geschmacksrichtungen unterscheiden wie wir, auch wenn dieser Sinn bei unseren Vierbeinern weniger gut ausgeprägt ist. Hunde verfügen somit auch über einen Sensor für Süßes.
Der Hund ist mehr Obstfresser als der Wolf
Natürlich trug auch die Evolution dazu bei, dass sich der Haushund mehr zu pflanzlicher Nahrung hingezogen fühlt als sein wilder Vorfahre. So besitzt der Hund zum Beispiel einen längeren Darm. Wie genetische Untersuchungen an der Universität in Uppsala zeigen, weisen Hunde einen veränderten Verdauungsmechanismus auf, der stärker auf den Abbau pflanzlicher Stärke spezialisiert ist. Hunde sind besser als Wölfe dazu in der Lage, Glukose aus dem Darm aufzunehmen. Erstaunlicherweise verlief diese Entwicklung parallel zu der des Menschen, denn auch unser Verdauungssystem musste sich erst an die neue, stärkehaltige Kost gewöhnen.
Früchte? Ja! – Zu viel Getreide? Nein!
Früchte enthalten von Natur aus Zucker und somit Kohlenhydrate, aber weniger Stärke als Hülsenfrüchte und Getreide. Beeren und Obst gehören zum natürlichen Nahrungsspektrum des Wolfes und anderer Hundeartigen wie dem Fuchs und dem Marder. Für die Urmenschen waren Beeren neben Fleisch eine wichtige Nahrungsquelle, denn in großen Mengen Grassamen zu sammeln, wäre zu mühsam gewesen. Erst mit der Kultivierung des Korns erfolgte der Umstieg auf extrem stärkehaltige Nahrung als Sattmacher. In Mitteleuropa begann der Getreideanbau vor etwa 7 000 Jahren. Der Haushund machte diese Entwicklung mit dem Menschen mit. Dass der Hund dazu in der Lage ist, Stärke zu verdauen, heißt aber noch lange nicht, dass sie auch gesund für ihn ist. Hunde benötigen keine Kohlenhydrate, denn sie erhalten alle wichtigen Nährstoffe mit dem Fleisch und profitieren dabei von kleinen Obstbeigaben.