Ärzte gegen Tierversuche e.V. fordert Verschärfung des Tierschutzgesetzes
Nach rund zweijährigen Verhandlungen zwischen den EU-Gremien tritt die neue, europaweit gültige Tierversuchsrichtlinie am 9. November 2010 in Kraft und muss in den nächsten zwei Jahren von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) fordert von der deutschen Politik die laxen EU-Vorgaben verschärft umzusetzen und klare Regelungen in Richtung Abschaffung der Tierversuche festzusetzen.
Die neue EU-Richtlinie zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftlichen Zwecke verwendeten Tiere löst die veraltete Richtlinie aus dem Jahr 1986 ab. Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche kritisiert jedoch, dass im Zuge der Überarbeitung nicht die Chance genutzt wurde, die Forschung auf zeitgemäße und zielgerichtete Methoden ohne Tierversuche auszurichten, sondern weiter am altertümlichen und unzuverlässigen System Tierversuch festgehalten wird.
»Die Tierversuchsrichtlinie wird von vielen Seiten als positive Errungenschaft dargestellt. In Wirklichkeit ist das Werk aber für Tierversuchsgegner ein Schlag ins Gesicht. Denn die Regelungen enthalten keine Angaben zum Ausstieg aus dem Tierversuch, obwohl dieser auch für den medizinischen Fortschritt dringend notwendig ist. Die Forschung am Tier wird nicht einmal eingeschränkt«, bemängelt Dipl.-Biol. Silke Bitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ärztevereinigung.
So ist der rein zweckfreien Grundlagenforschung, also der Forschung ohne jeden medizinischen Zweck, nach wie vor Tür und Tor geöffnet, eine ethische Abwägung der Versuche bei der Genehmigung entfällt und Versuche an Affen, einschließlich Menschenaffen, sind erlaubt. Tierversuchsfreie Methoden müssen nicht bei Vorhandensein angewandt werden, sondern erst, wenn sie offiziell anerkannt sind, was in aller Regel viele Jahre dauert.
Die Ärztevereinigung hatte gemeinsam mit ihren europäischen Partnern im Laufe der über zwei Jahre dauernden Verhandlungen alles versucht, tierschutzrechtliche Verbesserungen einzubringen. Letztlich haben jedoch verstärkt die Interessen der Tierversuchslobby Eingang in die neue Richtlinie gefunden.
Die Mitgliedstaaten müssen die neue Richtlinie in den nächsten zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Das deutsche Tierschutzgesetz muss also von der Bundesregierung überarbeitet werden. Nach Aussage der ÄgT muss nun Druck auf die Politik ausgeübt werden, um eine wesentliche Verschärfung des deutschen Tierschutzrechts zu erreichen. Zwar verbietet die Richtlinie den Mitgliedsländern strengere Maßstäbe anzusetzen, doch laut Ärzteverein gibt es rechtliche Möglichkeiten, Tierversuche in bestimmten Bereichen gesetzlich zu verbieten. In Großbritannien ist beispielsweise ein Verbot von Tierversuchen für Haushalts- und Reinigungsmittel geplant. Dieses wird damit begründet, dass das Leid der Tiere höher wiege als der Nutzen für den Menschen. Eine ähnliche Abwägung zu Gunsten der Tiere könnte auch bei Versuchen mit einzelnen Tierarten oder in Bereichen wie der studentischen Ausbildung erfolgen.
Die Grundforderung der Ärztevereinigung ist jedoch ein rein tierversuchsfreies Wissenschaftssystem, das im Gegensatz zum Tierversuch ethischen Prinzipien genügt und dem Anspruch an fortschrittliche Forschung gerecht wird.