REACH-Erfolg! 120 Kaninchen vor Chemikaliengifttod bewahrt

Ein grausamer 90-Tage Giftigkeitstest an 120 Kaninchen, den ein Chemieunternehmen im Rahmen der EU-Richtlinie REACH vornehmen sollte, muss doch nicht durchgeführt werden. Die Firma hatte gegen die Auflage, Kaninchen ein Kühlmittel einatmen zu lassen, Beschwerde eingelegt und nun Recht bekommen. Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche und ihr Dachverband, die Europäische Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE) hatte den Einspruch durch eigene Gutachten und Stellungnahmen unterstützt.

Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche freut sich mit seinen europäischen Partnern über diesen Erfolg. In ihrer Begründung führte die Beschwerdekammer der Chemikalienbehörde ECHA ausdrücklich einige juristische und toxikologische Argumente an, die die ECEAE vorgetragen hatte. Das toxikologische Gutachten hatte Dr. Wolfgang Stengel, der bei der Ärztevereinigung für das REACH-Projekt zuständig ist, zusammen mit einem Kollegen aus Großbritannien erstellt.

Die ECEAE hatte der Beschwerdekammer bereits im Jahr 2011 ihre Stellungnahme vorgelegt, die die Unzuverlässigkeit des geforderten Tierversuchs belegt, und war durch Dr. Katy Taylor, wissenschaftliche Mitarbeiterin der ECEAE, bei der Anhörung zu diesem Fall vertreten.

Die Firma Honeywell sollte nach dem Willen der ECHA für ein Kühlmittel, das in Klimaanlagen von Autos verwendet wird, einen 90-Tage-Inhalationstest an 120 Kaninchen durchführen. Honeywell hatte bereits alle standardmäßig geforderten Daten vorgelegt, darunter eine 90-Tage-Studie an Ratten und auch Daten aus Versuchen an schwangeren Kaninchen. Da hierbei einige Kaninchen starben, ordnete die ECHA zur weiteren Untersuchung einen 90-Tage Test an. Gemeinsam mit der Firma DuPont, die das Kühlmittel ebenfalls herstellen möchte, hat Honeywell mit Unterstützung der ECEAE Beschwerde gegen die von der ECHA geforderten Tierversuche eingelegt.

Die Beschwerdekammer kam zu dem Ergebnis, dass die ECHA die Grundprinzipien von REACH verletzt hat, welche Tierversuche nur als letzte Möglichkeit zulassen, und die Entscheidung somit unverhältnismäßig war. Die vorhandenen Informationen ergäben keinen Hinweis auf den von der ECHA zunächst vorgebrachten Verdacht, das Mittel könne möglicherweise die Fortpflanzung schädigen oder Krebs auslösen. Die ECHA habe weiterhin unter anderem versäumt, adäquat zu prüfen, ob die Versuche geeignet sind, relevante Erkenntnisse zu liefern. So gibt es bislang nur sieben 90-Tage-Inhalationsstudien an Kaninchen, die in den letzten 20 Jahren durchgeführt worden sind. Zudem gilt dieser Test als besonders grausam. Die Tiere werden in Röhren fixiert und müssen täglich mehrere Stunden lang das Gas zwangsweise einatmen. Dies und die fehlenden Erfahrungswerte hielten die ECHA jedoch nicht davon ab, einen 90-Tage-Inhalationstest an Kaninchen zu fordern.

Die Entscheidung der Beschwerdekammer, einen von der ECHA geforderten Tierversuch als nicht zulässig zu beurteilen, ist bislang die erste dieser Art und ist voraussichtlich wegweisend für künftige Fälle. Die ECHA muss nun eine Neubewertung unter Berücksichtigung der Vorgaben der Beschwerdekammer vornehmen.

Die Ärztevereinigung bedauert, dass die für das Kühlmittel zuvor durchgeführten Tierversuche nicht verhindert werden konnten, ist aber froh über den Erfolg, 120 Kaninchen einen qualvollen Gifttod erspart zu haben. Der Verein wird gemeinsam mit seinem europäischen Dachverband weiterhin darauf hinarbeiten, Tiere vor grausamen und wissenschaftlich unsinnigen Giftigkeitstests zu bewahren.

Die EU-Chemikalien-Verordnung REACH fordert die Nachtestung Tausender Altchemikalien, die schon lange im Umlauf sind. Bis 2018 sollen diese auf ihre Giftigkeit überprüft werden, größtenteils in Tierversuchen.
@Ärzte gegen Tierversuche